Grußworte von Georg Ehrmann
Grußwort von Georg Ehrmann, Bildungsministerium Rheinland-Pfalz. Begrüßung der
Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Daun und des
Thomas-Morus-Gymnasiums Daun im Rheinischen Landesmuseum Trier und der
Lyrikerin Hanna Jansen und dem Lyriker Martin Piekar zur Lyrik-Woche Trier „Im
Westen nichts Neues?“ am 20.9.2023
Sehr geehrter Herr Dr. Reuter,
liebe Frau Ackenheil,
lieber Herr Blümke,
verehrte Lyrikerinnen und Lyriker,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine lieben Schülerinnen und Schüler,
die Trier Lyrik-Woche findet in diesem Jahr zum 10. Mal statt. Wir feiern also den ersten runden Geburtstag. „Schön, dass du geboren bist“, könnte man wie bei einem Kindergeburtstag singen: großartig, dass es diese Lyrik-Woche gibt, großartig, dass sich die Lernorte Museum und Schreibwerkstatt so wunderbar verbinden, großartig, dass kontemplatives Schauen und kreatives Arbeiten sich so trefflich ergänzen, großartig, dass es Menschen, Unterstützer, Förderer, Dichterinnen und Dichter, Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler gibt, die dies wollen und tun und dafür in dieser Woche hier sind.
Von der Schirmherrin der Lyrik-Woche, unserer Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig, richte ich hierfür die besten Grüße aus und überbringe dem Geburtstagskind Lyrik-Woche ihre herzlichsten Glückwünsche.
Nachdem im letzten Jahr noch der Ostwind durch die Lyrik-Werkstätten pfiff, hat die Himmelsrichtung gewechselt und der Westen gerät in den Fokus und die Frage, was es hier Neues gebe. Dieser Frage ist auf dem Flyer für das Rheinische Landesmuseum das bekannte Neumagener Schulrelief zugeordnet. Es zeigt einen Lehrer, zwischen zwei Schülern sitzend, während ein dritter, jüngerer, grüßend hinzutritt. Eine Szene direkt aus dem Unterricht also, ein Blick über Jahrtausende in das Klassenzimmer. Vieles hat sich verändert seitdem in Schule, vieles ist neu im Westen: wir erlernen das Schreiben nicht mehr auf Wachstäfelchen, die der jüngere Schüler in der Hand hält, wir lesen nicht mehr aus Papyrusrollen, für die Papyrushalme senkrecht und waagerecht verklebt, beschnitten und mit Bimsstein geglättet wurden, wir haben Papier und jede Art von Stiften, wir lernen aus Büchern und neuerdings aus und mit elektronischen Medien. Heute hielten die Schüler auf dem Relief i-pads in der Hand. Schule findet nicht mehr in kleinem privaten und privilegiertem Kreise statt (1 Lehrer – drei Schüler), sie ist nicht mehr nur Schülern vorbehalten, sondern sie ist in der Mehrzahl öffentlich organisiert und steht allen Geschlechtern offen.
Aber eines ist doch gleich geblieben bei all den Veränderungen, auch wenn man gelegentlich noch heute daran denkt, es abzuschaffen: es braucht einen Lehrer oder eine Lehrerin in der Mitte des Lernens. Nicht am Rande als Lernpartner oder –begleiter, wie man es gerne nennt. Man braucht ihn oder sie weiterhin als wichtigen, ja zentralen Vermittler, als Motivator, Anreger, als Steuermann und Steuerfrau, als die Person, die den Schülerinnen und Schüler in ihrem Wissen und ihrer Haltung imponiert. Auch heute noch lernen Lernende um des Lehrers und der Lehrerin willen. Immer noch kommt es auf die gelingende Beziehung untereinander an. Dies lässt sich schon am Neumagener Schulrelief ablesen.
Die Lyrik-Woche wird wieder flankiert durch Lyrix, den Bundeswettbewerb für junge Lyrik; er ist schon ein wenig älter als die Lyrik-Woche. Er ist in seinem 15.Jahr. Feiert aber wieder gerne zusammen mit dem jüngeren Familienmitglied.
Das aktuelle Septemberthema von „lyrix“ heißt „Raum dazwischen“. „Raum dazwischen“ ist ein Zitat aus einem Gedicht von Hanna Jansen. Das kurze Gedicht heiß „Triptychon“. Triptychon ist ein Begriff vornehmlich aus der kirchlichen Kunst, er bezeichnet dort ein dreiteiliges Altarbild. Hanna Jansen nimmt es als Bild für das menschliche Leben. Die beiden Seitenflügel stehen für Geburt und Tod. Das Bild in der Mitte für das eigentliche Leben. Aber die Bedeutungen werden umgewertet: während beim Altarbild das mittlere Bild das wichtigste ist, die zentrale Botschaft enthält, sind es bei Hanna Jansen die Seitenflügel, denen ihr Hauptaugenmerk gilt. Über das Leben selbst, den Mittelteil, sagt sie lapidar: „Den Raum dazwischen halte ich aus.“
Donnerwetter! Was für eine Umdeutung und Umwertung! Was für eine Hilfe aber vielleicht auch, den Sinn des Lebens von seinem Anfang und v.a. auch von seinem Ende her zu verstehen. Und Anfang und Ende offen zu halten für eine Transzendenz, einen Übergang.
Weitere Deutungen, meine lieben Schülerinnen und Schüler, will ich euch überlassen. Ich bin sicher, ihr könnt das besser. Wir können alle gespannt darauf sein, wie ihr euch von den Themen anregen lasst. Ich wünsche euch viel Freude bei diesem Prozess der Annäherung, Beschäftigung und Aneignung und bin jetzt schon überzeugt, dass ihr zu faszinierenden Ergebnissen kommen werdet.
Bei allen, die Lyrikwoche und Lyrix-Wettbewerb möglich machen, möchte ich mich am Ende bedanken: bei den Veranstaltern und Förderern auf Landes- und Bundesebene, beim Verein Lyrix e.V., bei den gastgebenden Museen, heute und hier beim Rheinischen Landesmuseum in Person von Herrn Reuter. Ich danke allen Lyrikerinnen und Lyrikern für Ihr Engagement und am Ende Ihnen, lieber Herr Blümke, als „spiritus rector“ dieser Tage.
Für mich sind Sie der Neumagener Schulmeister unsere Reliefs, der all das, was um ihn herum passiert, anstößt, anleitet und zu prägenden Erlebnissen werden lässt.
Vielen Dank!
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